Christian Helwing

A Crystal Lives On
13. März 2010 bis 13. April 2011

Christian Helwing studierte von 1998 bis 2000 an der Fachhochschule Hannover und anschließend an der Hochschule für Künste in Bremen. In seinen Rauminstallationen beschäftigt sich Helwing mit Hilfe architektonischer Veränderungen mit der funktionalen und ästhetischen Wahrnehmung von Räumen.

Helwing begreift Architektur nicht als eine statische Gegebenheit, sondern als ein Zeichensystem, das sich auf besondere Weise verstehen, interpretieren, aber auch umformulieren lässt. Die klassische Abgrenzung zwischen Skulptur und Architektur hebt sich in den Installationen auf und verwandelt sie in begehbare Skulpturen. „Seine Kunst agiert zwischen Modell und Realität, Funktionalität und Zweckfreiheit, zwischen Bild und Wirklichkeit.“ (Joachim Kreibohm)

Bei dem für das Treppenhaus entwickelten Projekt „A Crystal Lives On“ integriert Helwing freistehende geometrische grau-blaue Wand- und Farbflächen an den Innenseiten des Treppenaufganges, die sich in die gegebene Raumstruktur einpassen und die architektonischen Gegebenheiten aufnehmen. Ohne den funktionalen Charakter des Treppenhauses zu beeinträchtigen, fragmentieren die eingefügten Wand- und Farbflächen die Durchsichten des großzügigen Treppenhauses und verwandeln den Aufgang in ein spannungsvolles Spiel der Durchsichten und Blickachsen.

Christian Helwing versteht Architektur als Resultat und Symptom einer historischen Entwicklung, deren Hintergründe und Konzepte er aufgreift und mit denen er arbeitet. Das Erfahren und kritische Überdenken der Formen, Theorien, Ideen und Utopien der architektonischen Moderne und Postmoderne sind damit Grundlage und Thema seiner künstlerischen Arbeit.

So bezieht sich Helwing mit der Verwendung von Farbflächen zur räumlichen Akzentuierung bei „A Crystal Lives On“ auf den Umgang mit Farbe der Künstler des „De Stijl“. Die 1917 gegründete niederländische Gruppe von Malern, Architekten und Designern, zu denen Theo van Doesburg, Piet Mondrian oder später Gerrit Rietveld zählten, bekannte sich zu einer geometrisch-abstrakten funktionalen Ästhetik in Kunst und Architektur, vergleichbar mit den Prinzipien des deutschen Bauhaus. Die neue, abstrakte Formensprache des De Stijl beruhte auf der Variation von wenigen elementaren Prinzipien der bildnerischen Gestaltung. Das bedeutete auch die Reduktion von Farben auf die drei Primärfarben Rot, Gelb und Blau sowie die Nichtfarben Schwarz, Grau und Weiß.

Ein weiterer Bezugspunkt der architektonischen Installation „A Crystal Lives On“ ist der Architekt Bruno Taut (1880 – 1938). Taut beeinflusste zu Beginn des 20. Jahrhunderts den sozialen Wohnungsbau wesentlich und benutzte in den 1920er Jahren Farbflächen zur Gestaltung von Häuserfassaden und Straßenzügen in Magdeburg. Entgegen der expressionistischen, grellen Farbgebung der Häuser in Magdeburg bezieht sich Helwing mit „A Crystal Lives On“ vielmehr auf ein anderes Interesse Tauts: Das Licht. So changieren die zwei im Treppenhaus verwendeten Graublautöne je Lichteinfall in unterschiedlichen Farbnuancen. Taut setzte sein Interesse an der Verschränkung von Architektur und Natur sowie von Licht und Raum bereits 1914 mit einem Glaspavillon auf der Werkbundausstellung in Köln um. Der Titel der Installation von Christian Helwing bezieht sich direkt auf die Inschrift dieses Glaspavillons: „Ohne einen Glaspalast / ist das Leben eine Last. / Licht durchdringt das ganze All / es ist lebendig im Kristall.“